Danke, gut.

Neulich traf ich eine sehr liebe Bekannte, die mir sagte, sie hätte eine andere gemeinsame Bekannte getroffen, die im Internet gelesen hätte, daß es mir nicht so gut ginge. Ich solle doch sowas lieber nicht schreiben, riet sie mir - damit sich niemand Sorgen macht.

Nun, äh, doch. Tut mir Leid für Euch. Dieser Blog hier entspannt mich, klärt meinen Kopf und ich schreibe, wie es mir gut tut. (Solange ich noch schreibe, muß sich auch niemand ernsthaft Sorgen machen.)
Und darüberhinaus habe ich letzten Mittwoch damit aufgehört, auf "wie geht es Dir/Ihnen?" automatisch mit "danke, gut" zu antworten. Ich habe mir sofort gewünscht, ich hätte es schon viel früher getan.

Ich mußte wie alle drei Monate zur Nachuntersuchung in die Gynäkologie. Diesmal wieder mal mit Mammographie. Und wie jedes Mal bekomme ich in diesem Raum eine Panikattacke. Ich meine nicht, daß es mir nicht gefällt und ich ein bißchen weinen muß. Ich meine eine ausgewachsene Panikattacke. Ich war genaugenommen völlig hysterisch. So wie jedes Mal.
Ich weiß nicht, ob es anderen Frauen mit ähnlichen Vorgeschichten auch so geht, aber mich vor fremden Leuten nackig machen zu müssen, in meinem Intimbereich extrem schmerzhaft festgeklammert zu werden, nachdem eine fremde Person ungefragt an meinen Brüsten herumgefingert und -gezerrt hat, und nicht aus der Situation entkommen zu können, triggert mich massiv. Ich bin nicht mehr ich, ich bin wieder 19 und kann nicht weg. Ich kann es nicht kontrollieren, es kontrolliert mich, und es schaltet meine Rationalität völlig aus.

Diesmal hatte ich eine ganz besonders 'sensible' Röntgenschwester, die nach dem ersten mühsam erkämpften Pressbild meiner vernarbten Brust erstmal entnervt zum Arzt reinging, weil sie nicht wußte, was sie mit mir anstellen soll. Ich wurde in die Umkleidekabine geschickt, von da zum Arzt gerufen, der erstmal in Ruhe den Tastbefund machte und mir dabei ein bißchen gut zuredete. Da ich nicht zu beruhigen war, fragte er mich, was genau denn das Schlimme für mich sei. Ob es die Empfindlichkeit der operierten Brust sei.
Ich schüttelte den Kopf. Natürlich ist der Schmerz enorm - er ist auf der operierten Seite wirklich kaum zu ertragen. Aber ich weiß ja, daß es nur ein paar Sekunden dauert, theoretisch könnte ich da drüberstehen. Doch da ist ja noch der Film in meinem Kopf. Und statt wie immer nur wegzusehen und mich dafür zu schämen, daß ich mich so anstelle, habe ich ihm gesagt, was mit mir passiert. Ich habe es ihm erzählt. Danach habe ich mich von ihm überreden lassen, die restlichen 3 Bilder auch noch durchzustehen und er hat seine Röntgenschwester angewiesen, so schnell wie möglich zu arbeiten.

Sie brachte ihm die Bilder zur Auswertung sichtlich schlecht gelaunt, er klemmte sie an seine Lichtwand und sagte, das sehe doch alles gut erkennbar aus, woraufhin sie abfällig sagte "naja, so gut es unter den Umständen halt geht" und den Raum verließ. Einen Ultraschall später, als ich wieder angezogen war und die Bestätigung hatte, nach wie vor "nicht suspekte" Brüste zu haben, nahm der Arzt meine Hände in seine und sagte: "Wissen Sie was, ich rede mal mit der Kollegin. Ich glaube, in Ihrem Fall ist es ausreichend, wenn Sie nur einmal im Jahr zur Mammographie kommen."

Und ich habe mich sofort gefragt, warum ich nicht schon vor einem Jahr ehrlich war. Warum ich immerzu versucht habe, so zu tun, als wäre alles ok, weil man muß ja die Zhn zsmmbßn. Und ich frage mich, wo in meinem Leben ich das noch tue.

Wenn ich es weiß, werde ich darüber bloggen. ;-)










#metoo

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